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Wirtschaft • EuGH entscheidet • Christian Rath
12. Januar
Schutz vor Diskriminierung
Die Grenzen der Vertragsfreiheit
Auch für Selbstständige gelten in Europa – so ein aktuelles EuGH-Urteil – die Regeln zur Gleichbehandlung, mithin zum Schutz vor Diskriminierung. Allerdings können sich Selbstständige nur darauf berufen, wenn sie dauerhaft Aufträge ausführen, also beispielsweise auf Grundlage eines unbefristeten Dienstvertrags arbeiten. Liegt eine solche Dauerbeziehung vor, können sich Selbstständige in Deutschland auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berufen, wenn sie eine Benachteiligung erfahren „wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“. (§ 1 AGG)
Im konkreten Urteil ging es gestern [12.01.2023] um einen polnischen Videojournalisten, der in der Vergangenheit jeweils einmonatige Vertragsverlängerungen bekam, dessen Vertragsbeziehung vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen aber dann wegen seiner Homosexualität beendet wurden. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es dazu: „Die sexuelle Ausrichtung stellt keinen Grund dar, aus dem der Abschluss eines Vertrags mit einem Selbständigen abgelehnt werden darf“, da die Auslegung der Antidiskriminierungs-Richtlinie weit auszulegen ist und „unabhängig von deren Art und Merkmalenden Zugang zu jeglicher beruflichen Tätigkeit erfasst“.
Landessozialgericht • Az.: L 9 KR 83/16
8. September 2022
VHS-Dozentin übt ihre Lehrtätigkeit in abhängiger Beschäftigung aus
Nicht nur dann, wenn die Clearingstelle der Rentenversicherung eine Scheinselbstständigkeit annimmt, sondern auch im umgekehrten Fall ist dagegen eine Klage vor den Sozialgerichten möglich. Diesen Weg ist eine Dozentin gegangen, die bei der VHS Leipzig als vermeintliche Honorarkraft langjährig BAMF-Integrationskurse (DaF) abgehalten hatte und nach eigener Überzeugung, wie der des Gerichts, tatsächlich Scheinselbstständige war.
Laut Gerichts-Pressemitteilung war die Klägerin „in den Betrieb der VHS eingegliedert und unterlag deren Weisungsrecht“. So sah der Unterrichtsplan „ein arbeitsteiliges Zusammenwirken der Dozenten nach einem gemeinsam aufgestellten Lehrplan vor“, die Kollegin nahm regelmäßig an Dienstbesprechungen teil, führte Anwesenheitslisten, war für die Lernstandtests verantwortlich und übermittelte deren Ergebnisse an die Fachbereichsleitung der VHS. – All das ohne „nennenswertes Unternehmerrisiko“ und ohne „unternehmertypische Gestaltungsmöglichkeiten“.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht läuft. Dessen Zusammenfassung findet sich in den Pressemitteilungen des Sächsischen Landessozialgerichts.
Umfassende Informationen zum Thema Scheinselbstständigkeit findest du in unserem Ratgeber Selbstständige – und weiter Informationen zur Statusfeststellung und zur Clearingstelle